Unglücklich durch Nährstoffmangel: Warum Glücksgefühle ausbleiben, Welche Auswirkungen hat ein Nährstoffmangel auf die Psyche? OA Dr. Jürgen Kasper erklärt, warum bei leeren Tanks die Glücksgefühle ausbleiben. Komplexes Wissen einfach erklärt!

Unglücklich durch Nährstoffmangel? Komplexes Wissen einfach erkärt!

Jeder ist hin und wieder betrübt und erschöpft. Hält dieser Gemütszustand an, kann dies viele Ursachen haben, die mit einem Nährstoffmangel einhergehen. OA Dr. Jürgen Kasper hat mir erklärt, warum ein ganzheitlicher Blick auf die Warnsignale des Körpers so wichtig ist. Lese und staune!

Wir suchen immer einen bestimmten Grund und eine einfache Erklärung für einen Gesundheitszustand und vergessen dabei, dass die menschliche Gesundheit eigentlich eine Dreifaltigkeit aus Körper, Geist und Seele ist. Ich selbst ertappe mich auch immer wieder dabei. Gerät ein Teil dieser Trinität aus dem Gleichgewicht, hat das Auswirkungen auf die anderen Bereiche. Ein gewisser Erschöpfungszustand macht sich breit, der auf Dauer auch zu depressiver Verstimmung führen kann.

Der immer hektischere Alltag, der Selbstoptimierungswahn und auch die gesellschaftlichen Erwartungen werden mehr und mehr zu einer chronischen Belastung. Wir stehen permanent unter Druck. Social Media gibt sein Übriges dazu. Ich habe es am eigenen Leib erlebt. Auf Dauer wirkt sich das auf allen Ebenen unseres Seins aus.

Die Psyche leidet am meisten und führt uns in eine Art Sackgasse. Der Körper reagiert mit Schlaflosigkeit, Antriebslosigkeit und Konzentrationsproblemen. All dies kann in einer depressiven Verstimmung enden. Kennzeichnend ist, entgegen der landläufigen Meinung, nicht die Traurigkeit, sondern das Gefühl der Gefühllosigkeit und inneren Leere. Aber wodurch werden diese Gefühle ausgelöst? Du denkst nun bestimmt an Schicksalsschläge und andere einschneidende Erlebnisse oder Krankheitsbilder. Das wäre aber zu oberflächlich gedacht, wie mir OA Dr. Kasper erklärte. Der wahre Grund liegt nämlich im Inneren des Menschen.

Jeder hat sein Päckchen zu tragen

Wir beginnen mit einem Blick in die Seele des Menschen. Üblicherweise haben anhaltende Traurigkeit und innere Leere mehr als nur eine Ursache und entstehen aus einer Wechselwirkung aus körperlichen, genetischen und akuten psychosozialen Einflüssen. Nicht zu vergessen ist hier aber auch der seelische Aspekt, der die anfangs erwähnte Dreifaltigkeit komplettiert. Betroffene suchen nach dem Sinn des Lebens und fragen sich, welche Aufgabe sie im Leben haben. Ohne die Antwort auf diese Fragen scheinen sie die Lebensenergie zu unterdrücken und brauchen viel mehr Energie, um mit diesen „ungelösten seelischen Blockaden“ umzugehen.

Fakt ist, dass jeder Mensch mit negativen Themen zu kämpfen und sein Päckchen zu tragen hat. Gesundheit kann aber nur dann stattfinden, wenn Belastendes nicht verdrängt wird und wir regelmäßig für Glücksmomente sorgen. Mache, was dir und deiner Seele guttut, und lerne, wie du mit Negativem umgehen kannst. Zeit für sich und eine Gesprächstherapie sind ein guter Anfang!

Was der Körper zum Glücklichsein braucht

Auf körperlicher Ebene ist ein Mangel an Botenstoffen wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin Grund für den anhaltenden emotionalen Tiefstand. Insbesondere Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit sind auf einen Serotoninmangel zurückzuführen. Für die Herstellung der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin benötigt der Körper spezielle Nährstoffe, wie B-Vitamine, Kupfer, Magnesium, Vitamin C, Vitamin B12, Eisen und Folsäure, die normalerweise über die Nahrung aufgenommen werden.

Gesellschaftlicher Druck, schlechter Schlaf und ganz allgemein der moderne Lifestyle entziehen dem Körper kontinuierlich Nährstoffe, die er eigentlich für andere Prozesse benötigt – wir befinden uns in einem Teufelskreis. Ist der Körper diesem Umstand langfristig ausgesetzt, kommt es zu einem Nährstoffmangel. Diese müssen dann in erhöhten Mengen zugeführt werden.

Das Glückshormon Serotonin und B-Vitamine

Du hast bestimmt schon vom sogenannten Glückshormon Serotonin gehört, das unsere Stimmung verbessert und uns zugleich beruhigt. Der Botenstoff hat aber auch noch andere Funktionen im Körper und ist an vielen Prozessen, wie etwa dem Schlaf-wach-Rhythmus, der Gedächtnisleistung oder der Darmmotorik beteiligt.

Serotonin wird zu 80 Prozent im Darm und zu 20 Prozent im zentralen Nervensystem aus der Aminosäure L-Tryptophan mithilfe bestimmter Cof-Faktoren – unter anderem B-Vitamine – gebildet. Tryptophan ist der Ausgangspunkt für zwei verschiedene Stoffwechselprozesse: zum einen für die Synthese von Serotonin und dem Schlafhormon Melatonin und zum anderen für die Synthese von Vitamin B3 (Niacinamid). Insbesondere das Vitamin B6 ist essenziell für die Serotoninbildung.

B-Vitamine für modernen Lifestyle und gute Laune

B-Vitamine sind wasserlöslich. Das bedeutet, dass sie sich einerseits nicht toxisch ansammeln können, weil der Körper sie nicht oder nur begrenzt speichern kann, andererseits müssen sie aufgrund dieser Eigenschaft täglich neu aufgenommen werden. Da sich unsere Nahrung im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert hat und heute weniger nährstoffreich ist als vor 30 Jahren, ist der tägliche Bedarf nicht mehr so leicht zu decken und es kommt immer häufiger zu einem Nährstoffmangel.

Hinzu kommt, dass durch die Veränderungen unserer Lebensweise der Körper einer größeren Menge an Umweltbelastungen und Leistungsdruck ausgesetzt ist und dadurch einen erhöhten Bedarf an B-Vitaminen hat. B-Vitamine und L-Tryptophan finden sich vor allem in Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Hefe. Wie viel wir davon brauchen, ist völlig individuell, da jeder Körper unterschiedlich „hungrig“ ist.

Macht ein Nährstoffmangel unglücklich?

Man könnte also davon ausgehen, dass ein Nährstoffmangel, insbesondere eine unzureichende Menge an B-Vitaminen und Tryptophan, aufgrund deren Notwendigkeit für die Serotoninsynthese die Entstehung von innerer Leere fördern. Die Ursache liegt aber nicht unbedingt an den fehlenden Nährstoffen. Dies zu behaupten wäre falsch, würde aber dem Denkmuster des Menschen entsprechen: Wir haben ein Problem und wollen dafür die eine Lösung. Gesundheit ist allerdings multifaktoriell. Das bedeutet, dass nur gute Ernährung und Nahrungsergänzung diese nicht erhält oder wiederherstellt. Es gilt, die Ursachen zu finden und diese zu behandeln.

Der Grund für anhaltende Leere ist nicht auf die fehlenden Nährstoffe und den damit zusammenhängenden Rückgang von Serotonin zurückzuführen, sondern hat in erster Linie mit der Aufnahmefläche des Darms zu tun. Du fragst dich nun bestimmt, wie das zusammenhängt. Die Antwort ist etwas komplex, aber dennoch sehr naheliegend. „Die Aufnahmefläche im Darm eines Erwachsenen hat eine Größe von etwa 400 Quadratmetern. Wird diese nicht optimal genutzt, kommen Nahrungsergänzungsmittel und Vitamine nie am Zielort an“, erklärt mir Dr. Jürgen Kasper.

Wie kann ich einem Nährstoffmangel entgegenwirken?

Die Lösung für eine bessere Nährstoffaufnahme ist so simpel: gut kauen. In der Hektik des Alltags vergessen wir, uns Zeit zum Essen zu nehmen, und versuchen unsere Mahlzeiten zwischen Tür und Angel einzunehmen. Meist unterhalten wir uns dabei noch mit Kollegen, starren ins Smartphone oder schauen eine neue Serie. Vielmehr sollten wir uns auf den Moment der Nahrungsaufnahme konzentrieren und die Lebensmittel ausreichend kauen. Stichwort Achtsamkeit! Nur durch ausreichendes Kauen kann sichergestellt werden, dass der Körper alle Nährstoffe aus der Nahrung ziehen, diese anschließend verwerten und einlagern kann, damit es gar nicht erst zu einem Nährstoffmangel kommt – Nährstoffe, die unter anderem für die Serotoninsynthese wichtig sind. Und dazu gehört wieder das Tryptophan.

Können im Folgeschluss Nährstoffe aus Nahrung, die nicht gekaut werden muss, besser aufgenommen werden? Die Antwort lautet: Nein, ganz im Gegenteil. Es wird dadurch sogar ein weiteres Problem gezündet, das negative Auswirkungen auf die Serotoninbildung hat. Viele Menschen trinken Smoothies und grüne Säfte im Sinne einer gesunden Ernährung. Dr. Jürgen Kasper bezeichnet diese Art der Nahrungsaufnahme allerdings „als einen Tsunami, welcher die Nährstoffe dorthin spült, wo sie nicht sein sollten“. Schlussendlich landen auf diese Weise Unmengen an Fruktose im Darm.

Und hier kommt erneut das Tryptophan ins Spiel. Diese verfestigt sich nämlich mit der Fruktose und behindert dadurch eine Aufnahme der Nährstoffe über die Darmschleimhaut.  „Durch das warme, bakterielle Milieu im Darm und der längeren Aufenthaltszeit aufgrund der blockierten Resorption wird der Prozess der Gärung und im Falle der Aminosäure Tryptophan der Prozess der Fäulnis eingeleitet. Es entstehen Alkohol und verschiedene Giftstoffe, darunter auch biogene Amine, wie das Histamin“, fährt Dr. Kasper fort. Ist dann nicht genügend Diaminoxidase (das Enzym wird auch als Histaminase bezeichnet) vorhanden, die sich aus Vitamin B6, Kupfer und anderen Nährstoffen bildet, kann das Histamin nicht gespalten werden, was wiederum zum Leaky-Gut-Syndrom führt.

Fettunlösliche Stoffe, Mikroben und ihre Bruchstücke sowie unvollständig gespaltene Nahrungsbestandteile und Schadstoffe gelangen dann ungehindert durch die durchlässige Darmschleimhaut in den Blutkreislauf. Aufgrund all dieser Prozesse wird die Serotoninbildung gehemmt beziehungsweise zum Teil unterbrochen. Das ist auch der Grund, warum viele Menschen mit psychischen Leiden auch histaminintolerant sind.

Serotonin hilft auch beim Einschlafen

Menschen mit Verdauungsbeschwerden schlafen selten gut, was uns wiederum zum nächsten Punkt bringt: dem Schlaf. Und guter Schlaf macht glücklich! Zum Schlafen ist der Mensch aber auf Melatonin angewiesen. Das Schlafhormon reguliert den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers. Es wird bei Dämmerung und Dunkelheit ausgeschüttet und leitet den Schlafvorgang ein.

Aber was hat Melatonin mit Serotonin zu tun? Das körpereigene Hormon wird aus Serotonin gebildet. Ist also nicht genügend Serotonin vorhanden, kann kein Melatonin hergestellt werden – wir schlafen nicht ein und wir schlafen nicht durch. Bei Schlafproblemen kommt aber noch ein weiterer ausschlaggebender Faktor hinzu, die Körpertemperatur. Sinkt diese nachts nicht um 0,5 Grad Celsius ab, kann aus dem Serotonin kein Melatonin gebildet werden. Du erinnerst dich, wie Fruktose im warmen Darmmilieu reagiert? Mit Gärung. Im Rahmen der Gärung entsteht Alkohol und es kommt zur extremen Hitzebildung. Und hier schließt sich der Kreis – fast. Dies verdeutlicht doch, warum nur eine ganzheitliche Betrachtung zum Ziel führen kann.

Warum Entzündungen das Glücksgefühl rauben

Studien haben mittlerweile bestätigt, dass bei Personen mit psychischen Verstimmungen eine erhöhte Konzentration von pro-entzündlichen Botenstoffen, also Botenstoffe mit entzündungsfördernder Wirkung, des Immunsystems nachweisbar sind. Wenn wir im Körper zu viele Entzündungen haben, befinden sich viele aktivierte weiße Blutkörperchen im Kreislauf. Diese bedienen sich am Rohstoff Tryptophan. Da es sich bei Tryptophan um eine Vorstufe von Serotonin handelt, wird dessen Synthese gehemmt sowie auch die Vitamin-B3-Produktion in der Leber gestoppt. Vitamin B3 ist wiederum essenziell für die Energiegewinnung in den Mitochondrien, die Kraftwerke unserer Zellen. Stille Entzündungen können unterschiedliche Ursachen haben. Unter anderem tragen anhaltende Überforderung im Alltag, unausgewogene Ernährung, Leaky-Gut und auch Bewegungsmangel dazu bei.

Lagom leben und glücklich sein

Der menschliche Körper ist eine Einheit aus Körper, Geist und Seele. Nur wenn alle drei Säulen in Balance sind, fühlen wir uns wohl. Ein wesentliches Element in der ganzheitlichen Gesundheit ist mit Sicherheit die Achtsamkeit. Wer achtsam lebt, Momente und Gefühle bewusst wahrnimmt und ihnen auch genügend Aufmerksamkeit schenkt, kann die biochemischen Vorgänge im Einklang halten. Wir müssen wieder lernen, den Druck aus dem Alltag zu nehmen und Zeit für Entspannung einzuräumen. Sei es durch Meditation, Atemübungen oder Bewegung an der frischen Luft. Ebenso dient eine ausgewogene Ernährung, insbesondere aber gutes Kauen, der Erhaltung eines vollen Nährstofftanks.

Nachfolgende Tipps helfen dir dabei, bewusster zu leben und den Serotonin-Haushalt in Balance zu halten:

  • abwechslungsreiche und nährstoffreiche Ernährung – je bunter der Teller, desto besser
  • Nahrung gut kauen, bis sie eine breiartige Konsistenz aufweist, und Zeit zum Essen nehmen
  • barfuß rausgehen
  • regelmäßige Auszeiten und Entspannungsmomente, wie ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft, Yoga und Meditation oder bewusstes Nichtstun
  • beobachte deinen Stuhl und deine Verdauungsaktivität
  • negative Themen nicht verdrängen, sondern sich aktiv mit ihnen auseinandersetzen – auch wenn es unangenehm ist.

Vielen Dank, Dr. Kasper für die vielen Tipps und die tollen Erklärungen – und natürlich Ihre Zeit!

OA Dr. Jürgen Kasper
Ganzheitsmediziner und Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin
www.juergenkasper.at

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